Was ist ein - elektronischer Marktplatz?

Elektronischer Marktplatz

Der Begriff des elektronischen Marktplatzes bezeichnet einen virtuellen Markt innerhalb eines übergeordneten Datennetzes, etwa dem Internet, auf dem Mechanismen des marktmäßigen Tausches von Gütern und Leistungen informationstechnisch realisiert werden.

Begriff des elektronischen Marktplatzes

Es gibt unterschiedliche Auffassungen, was unter dem Begriff elektronischer Marktplatz (auch elektronischer Markt, E-Marketplace, digitaler Markplatz oder virtueller Marktplatz) zu verstehen ist. Allen Definitionen ist jedoch gemein, dass sie elektronische Märkte als interorganisatorische Informationssysteme sehen, über die Akteure in einer definierten Rolle (Anbieter, Nachfrager, Makler [Kollmann 2011, S. 392]) mithilfe eines festgelegten Preisbildungsmechanismus Produkte und Dienstleistungen handeln.

„Elektronische Märkte im engeren Sinne sind mit Hilfe der Telematik realisierte Marktplätze, d.h. Mechanismen des marktmäßigen Tausches von Gütern und Leistungen, die alle Phasen der Transaktion […] unterstützen"
[Schmid 1993, S. 468]

Aus Unternehmenssicht dienen elektronische Marktplätze dem elektronischen Verkauf ( Electronic Commerce) oder dem elektronischen Einkauf (Electronic Procurement). Elektronische Marktplätze sind Handelsplattformen innerhalb von E-Business.

Elektronische Märkte basieren auf Informationssystemen, die einzelne oder alle Phasen einer Markttransaktion elektronisch unterstützen, integrieren oder automatisieren. Die Transaktionskoordination durch elektronische Märkte kann als informationsverarbeitende Einrichtung verstanden werden (Elektronischer Markt im engeren Sinne), deren Leistung über eine einfache Unterstützung der Kommunikation (Elektronischer Markt im weiteren Sinne) hinausgeht.

Charakteristika elektronischer Marktplätze

Wichtige Charakteristika und Vorteile elektronischer Märkte sind [Schmid 1993, S. 465]:

  • Elektronische Unterstützung der Koordinationsmechanismen eines Marktes. Dies erfolgt in Form einer vollständigen elektronischen Koordination (etwa Preisbildung) oder durch einfache Koordinationsunterstützung (etwa Preisinformation).
  • Vereinfachung der Aktivitäten der Informationsbeschaffung und -auswertung. Die Informationsasymmetrie zwischen den Marktteilnehmer kann durch erhöhte Markttransparenz verringert werden.
  • Verringerung der zeitlichen und räumlichen Distanz. Der Wegfall räumlicher und zeitlicher Begrenzung ermöglicht den Marktpartnern eine spontane und standortunabhängige Teilnahme an Märkten.
  • Die Gleichberechtigung der Marktpartner. Dies soll durch die Freiwilligkeit ihrer Teilnahme am Marktgeschehen und die Offenheit des Marktzugangs unterstützt werden.
  • Teilnehmer an elektronischen Märkten sind letztendlich menschliche Akteure . Dementsprechend wird das Marktgeschehen auch durch menschliche Interpretation der Marktsituation beeinflusst.

Systemlösungen

In der Praxis werden zwei Arten von E-Marktplätzen bezüglich der Ausgestaltung der elektronischen Vermittlungs- bzw. Koordinationsleistung unterschieden [Kollmann 2013]:

  • Vertikale Marktplätze, die sich auf eine bestimmte Nutzergruppe konzentrieren, wie z.B. Mitglieder einer Branche. Sie bieten die Identifikation und Lösung gruppen- und branchenspezifischer Probleme und sollen alle Stufen der Wertschöpfungskette dieser Nutzer mit elektronischen Serviceleistungen abdecken. Ein Beispiel hierfür stellt NewtronCompoNET (newtron.net) dar, ein virtueller Marktplatz für den Maschinen- und Anlagebau.
  • Horizontale Marktplätze, die sich auf bestimmte Produktgruppen oder bestimmte Funktionen und Prozesse konzentrieren, die eine hervorragende Bedeutung für (mehrere) Branchen besitzt. Ein Beispiel dafür ist der deutsche B2B-Marktplatz resale.de, der für den Handel mit gebrauchten Maschinen und Anlagen aller Art bekannt ist oder die E-Procurement-Marktplätze mercateo.de oder endorsia.com, die die industrielle Beschaffung unterstützen.

Der Betrieb von horizontalen Marktplätzen kann von jedem der drei Marktteilnehmer (Anbieter, Nachfrager oder Makler) übernommen werden, die wegen bestimmter spezifischer Anreize in den Marktplatz investieren:

  • Anbieter-Modell, mit dem Ziel einer Gewinnerhöhung einer oder weniger Anbieter, wie z.B. der Online-Reiseservice opodo.de, der vom Reisetechnologie-Hersteller Amadeus und neun führenden europäischen Fluggesellschaften gegründet wurde.
  • Nachfrager-Modell, mit dem Ziel der Nutzenmaximierung eines oder weniger Nachfrager(s), wie z.B.: pharmaplace.de. Dieser Marktplatz wurde von neun Pharmaunternehmen unter Beteiligung des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie gegründet und stellt eine nutzenorientierte Einkaufsplattform „aus der Branche für die Branche“ dar.
  • Makler-Modell, mit dem Ziel der Gewinnerzielung eines unabhängigen Handelsvermittlers, wie z.B.: shopping24.de, immobilienscout24.de oder my-hammer.de.

Trends

In letzter Zeit etablieren sich neue Formen von elektronischen Marktplätzen. Zum einen lässt sich das Aufkommen von rein mobilen (standortbezogenen) Marktplätzen, wie z. B. Stuffle, MyTaxi, Uber usw., beobachten. Hierbei werden Angebot und Nachfrage basierend auf dem jeweiligen Standort der Transaktionspartner zusammengebracht. Zum anderen weichen neuere Markplatz-Modelle der sogenannten "Sharing Economy", wie z. B. AirBnB oder autonetzer. de, die Grenzen zwischen traditionellen Verkaufstransaktionen hin zu Verleihaktionen auf. Hier werden Leerlaufzeiten in der Nutzung von (meist privaten) Besitztümern gegen Gebühr an Nachfrager überlassen.

Literatur

Kollmann, Tobias: E-Business: Grundlagen elektronischer Geschäftsprozesse in der Net Economy. 5. Aufl., Wiesbaden : Gabler, 2013.

Laudon, Kenneth C.; Laudon, Jane P.; Schoder, Detlef: Wirtschaftsinformatik: Eine Einführung. 2. Aufl., München : Pearson Studium, 2010.

Picot, Arnold; Reichwald, Ralf; Wigand, Rolf: Die grenzenlose Unternehmung. 5. Aufl., Wiesbaden : Gabler, 2003.

Schmid, Beat: Elektronische Märkte. In: WIRTSCHAFTSINFORMATIK 35 (1993), Nr. 5, S. 465-480.

Wirtz, Bernd: Medien- und Internetmanagement. 8. Aufl., Wiesbaden : Gabler, 2013.

Zerdick, Axel; Picot, Arnold; Schrape, Klaus: Die Internet-Ökonomie. 3. Aufl., Berlin : Springer, 2001.

Autor


Prof. Dr. Detlef Schoder, Universität zu Köln, Seminar für Wirtschaftsinformatik und Informationsmanagement, Pohligstr. 1, 50969 Köln

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Quelle: https://www.enzyklopaedie-der-wirtschaftsinformatik...

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